Ich habe vor diesem Gespräch noch nie einen Holocaust-Überlebenden getroffen und hatte daher großen Respekt vor dem Gespräch. Bisher waren Erzählungen über meinen Uropa, der Kriegsgefangener war, und [...]
„Ich habe vor diesem Gespräch noch nie einen Holocaust-Überlebenden getroffen und hatte daher großen Respekt vor dem Gespräch. Bisher waren Erzählungen über meinen Uropa, der Kriegsgefangener war, und ein Besuch des KZ bei Straßburg meine engsten Begegnungen mit dieser Thematik, die mich bereits sehr geschockt und geprägt haben. Das Gespräch mit Frau Szepesi hat mir eine neue Sicht auf die damaligen Geschehnisse ermöglicht, die sich aufgrund ihrer persönlichen Eindrücke und Gefühle und vor allem ihrer Art zu erzählen völlig von dem unterscheidet, was ich bisher aus dem Unterricht oder Dokumentationen für mich mitgenommen habe. Besonders beeindruckt hat mich ihre Person selbst. Sie erzählte von den schrecklichen Dingen, die ihr zugestoßen sind und dennoch strahlte sie während des gesamten Gesprächs gewiss Trauer aber auch Hoffnung und eine große Lebensfreude aus. Am Ende des Gesprächs ging man mit einer gewissen Leere nachhause, da ihr und vielen anderen so schreckliche Dinge widerfahren sind und man nichts anderes tun kann, als aufzupassen, dass künftig nie wieder so etwas passiert. Ich denke, dass dieses Gespräch etwas ist, woran ich noch oft zurückdenken werde.“
Während Eva Szepesi ihre Geschichte berichtet hat, was es kaum vorstellbar, dass sie in dem Moment vor uns sitzt und dieselbe Person ihrer grausamen Geschichte ist. Ich habe zuhause gesagt, dass ich noch nie [...]
„Während Eva Szepesi ihre Geschichte berichtet hat, was es kaum vorstellbar, dass sie in dem Moment vor uns sitzt und dieselbe Person ihrer grausamen Geschichte ist. Ich habe zuhause gesagt, dass ich noch nie einer Person so aufmerksam, so lange zugehört habe. Es war berührend zu sehen, wie Eva Szepesi in manchen Momenten innehalten musste, um weiter zu berichten. Ich finde es bemerkenswert, wie offen sie mit ihrer Vergangenheit umgegangen ist und vor allem auch, dass sie ihre Empfindungen und Gefühle, welche sie in ihren schrecklichsten Momenten hatte, mit uns geteilt hat.“
Die spannende und traurige Lebensgeschichte der Zeitzeugin endete mit einer stillen Fahrt nach Hause, da niemand wusste, was man sagen soll. Ich habe unglaublichen Respekt vor Frau Szepesi, den Mut zu haben darüber [...]
„[…] Die spannende und traurige Lebensgeschichte der Zeitzeugin endete mit einer stillen Fahrt nach Hause, da niemand wusste, was man sagen soll. Ich habe unglaublichen Respekt vor Frau Szepesi, den Mut zu haben darüber zu sprechen und ihre schrecklichen Erfahrungen mit uns Schülern zu teilen. Die Tatsache, im sehr jungen Alter von der Familie getrennt zu werden und 70 lange Jahre unwissend, dass die Mutter in Ausschwitz ihr Leben ließ, auf ihre Rückkehr zu hoffen, war für mich wahnsinnig schockierend. Trotz ihrer unbeschreiblich schlimmen Erfahrung musste Eva Szepesi einmal lächeln und lachen, was mir viel bedeutet und mich freute. Zum Schluss bin ich Frau Szepesi einfach nur dankbar, dass sie sich uns Schülern geöffnet hat, denn [ihr Schicksal] muss gehört werden und darf nicht in Vergessenheit geraten.“
Das Zeitzeugengespräch mit Frau Szepesi war eines der interessantesten und bewegendsten persönlichen Gespräche, die ich jemals hatte. Als sie erzählte, fühlte es sich zu sehr an, als würde eine [...]
„Das Zeitzeugengespräch mit Frau Szepesi war eines der interessantesten und bewegendsten persönlichen Gespräche, die ich jemals hatte. Als sie erzählte, fühlte es sich zu sehr an, als würde eine fiktive dystopische Geschichte erzählt werden. Leider musste ich mir dauern bewusst machen, dass das, was mir gerade fast schon selbstverständlich erzählt wird, wahr [..] ist.“
Sogar die Menschen, die Frau Szepesi einst als „Freunde“ bezeichnete, drohten ihr und erfreuten sich an ihrer Angst. […] Während ihrer bildhaften Erzählung war ich hauptsächlich angewidert über die [...]
„Sogar die Menschen, die Frau Szepesi einst als „Freunde“ bezeichnete, drohten ihr und erfreuten sich an ihrer Angst. […] Während ihrer bildhaften Erzählung war ich hauptsächlich angewidert über die Grausamkeiten, welche Frau Szepesi erfahren musste. Der vermeintliche Spaß, den die Akteure dabei empfanden, ist für mich einfach abstoßend. Jemanden ohne jegliche Rechtfertigung der Freiheit zu berauben ist keineswegs vertretbar, aber sich dann auch noch dessen zu belustigen und Menschen schamlos zu erniedrigen, ist so dermaßen abscheulich, dass keine Begriffe der deutschen Sprache dies auch nur im Ansatz beschreiben könnten.“
Eva Szepesi sitzt an einem kleinen Tisch. Sie sieht aus wie eine normale ältere Frau, als könnte sie die Großmutter einer meiner Mitschüler sein. Wenn ich ihr auf der Straße begegnet wäre, hätte ich nicht weiter [...]
„Eva Szepesi sitzt an einem kleinen Tisch. Sie sieht aus wie eine normale ältere Frau, als könnte sie die Großmutter einer meiner Mitschüler sein. Wenn ich ihr auf der Straße begegnet wäre, hätte ich nicht weiter über sie nachgedacht. Aber jetzt sitzt sie hier. Vor ihr liegt ihre Biographie und sie blickt durch ihre Brillengläser zur Museumsleiterin des Horváth-Zentrums. Ich weiß was Frau Szepesi widerfahren ist und deshalb fühlt es sich eigenartig an, sie jetzt hier an dem kleinen Tisch sitzen zu sehen. Alle Anwesenden sprechen mit gedämpfter Stimme und ich habe das Gefühl, dass jede Bewegung, die ich mache, unangebracht ist.
Museumsleiterin Frau Rühlig, eine imposante Person, neben der Eva Szepesi noch unscheinbarer aussieht, steht vorne und bricht die Ruhe mit einer Ansprache. Sie stellt die Zeitzeugin vor und übergibt an Herrn Urhahn, der auch noch kurz etwas sagt, bevor die Aufmerksamkeit aller Anwesenden endlich auf Eva Szepesi ruht. Jetzt ist es komplett still im Raum.
Die Zeitzeugin beginnt zu erzählen. Sie liest viel aus ihrer Biographie vor. Wenn sie das tut, erinnert sie mich noch mehr an eine ältere Dame, die ihren Enkelkindern eine Geschichte vorliest. Aber die Worte, die aus ihrem Mund kommen, passen nicht zu diesem Bild. Erst recht nicht, wenn sie Ergänzungen macht und dabei die Zuhörer anblickt. Was Frau Szepesi erzählt, klingt wie aus einem fiktiven Roman und die Tatsache, dass so vielen Menschen diese Dinge tatsächlich widerfahren sind, ist für mich nicht fassbar.
Ich bemühe mich, der Zeitzeugin so aufmerksam wie nur möglich zuzuhören, denn ich weiß, wie wichtig es ist, dass ihre Erfahrungen nicht in Vergessenheit geraten. Sie bittet uns mehrmals darum, dass wir ihre Geschichte als „Zeugen der Zeitzeugen“ weitererzählen und am Leben halten.
Als sie fertig ist, sitzen alle für einen Moment schweigend da und ich habe das Verlangen Frau Szepesi zu umarmen.
Ich bin unbeschreiblich dankbar für das Zeitzeugengespräch. Ich denke es war das wichtigste Ereignis, bei dem ich in meinen 17 Lebensjahren anwesend sein durfte. An Eva Szepesi: Wir alle werden ihre Geschichte in unseren Köpfen behalten und sie anderen erzählen. Danke für ihre Kraft, ihren Mut und ihre Zeit, die sie aufgebracht haben, um an dem kleinen Tisch zu sitzen und uns ihre Geschichte zu erzählen.“
glaube, ich habe mir in den letzten Tagen mehr und tiefgreifender Gedanken über den Holocaust gemacht als jemals zuvor in meinem Leben. Und das, obwohl ich schon 18 Jahre als bin und die [...]
„Ich glaube, ich habe mir in den letzten Tagen mehr und tiefgreifender Gedanken über den Holocaust gemacht als jemals zuvor in meinem Leben. Und das, obwohl ich schon 18 Jahre als bin und die Thematik bereits oft in der Schule angesprochen wurde und ich viele Dokumentationen und Spielfilme über die Verbrechen der NS-Zeit geschaut habe. Nichtsdestotrotz ist mir dieses Thema noch nie näher gegangen als in dieser einen kurzen Stunde, in der ich Frau Szepesi zuhören durfte.
Ich glaube, erst in diesem Moment auch nur annähernd realisiert zu haben, dass der Holocaust nicht nur ein Massenmord war, sondern Millionen von gezielten Morden, an Millionen von Menschen, mit ihren ganz eigenen Lebenswegen und Schicksalen. Ich glaube, erst beim Zuhören richtig begriffen zu haben, dass es eben nicht ein Kollektiv war, das vernichtet wurde - keine graue, identitätslose Masse, sondern viele verschiedene Menschen, mit ihren ganz eigenen Träumen und Wünschen, Ängsten und Schreckenserlebnissen. Und eine davon war Eva Szepesi. Durch das Teilen ihrer grausamen Erfahrungen wurde mir eben das bewusst. Dass sie weitaus mehr ist als Opfer und zugleich Überlebende der NS-Verbrechen. Sie war ein kleines, verspieltes, verängstigtes und unfassbar starkes Mädchen. Sie ist eine trauernde Tochter und Schwester. Eine liebende Mutter und Großmutter.
Ich habe in dieser Stunde mehr gelernt und gefühlt, was es bedeutet haben muss, die Schrecken des Holocaust zu durchleben, als in allen Schulstunden, in denen das Thema angesprochen wurde. Und das nicht, weil die Lehrkräfte einen schlechten Job machen, sondern weil es schier unmöglich ist, die Geschehnisse wirklich zu realisieren und zu verarbeiten.
Auch nachdem ich jetzt aus erster Hand gehört habe, was den Menschen angetan wurde und wie es war, in Auschwitz gefangen gewesen zu sein, denke ich nicht, dass ich jemals in der Lage sein werde, dies wirklich zu realisieren oder auch nur im Ansatz nachvollziehen zu können. Dennoch war das Zeitzeugengespräch einer der berührendsten Momente in meinem Leben und hat mir geholfen, zu verstehen, dass hinter der erschreckend großen Zahl von Opfern viele Millionen Einzelschicksale stehen.“
Das Zeitzeugen-Gespräch war für mich eine einzigartige Erfahrung, die ich so schnell nicht wieder vergessen werde. Zu Beginn des Tages, las Eva Szepesi aus ihrem Buch vor und ergänzte an [...]
„Das Zeitzeugen-Gespräch war für mich eine einzigartige Erfahrung, die ich so schnell nicht wieder vergessen werde. Zu Beginn des Tages, las Eva Szepesi aus ihrem Buch vor und ergänzte an manchen Stellen aus ihren Erinnerungen das Beschriebene. Besonders schlimm empfand ich die Irrfahrt, die sie durchmachte, bevor sie von den Nazis gefunden wurde, insbesondere der Gedanke, ihre Mutter wieder zu sehen, hielt sie noch am Leben. Deshalb empfand ich es als besonders traurig, zu erfahren, dass ihre Mutter auch in Auschwitz ums Leben kam. […]
Zusätzlich schockierte mich, wie wenig sich die Wärter um das Schicksal ihrer Häftlinge kümmerten, sie behandelten die Inhaftierten wie Ware, die auf einem Fließband immer weitergeschickt werden muss, jegliche Spur von Menschlichkeit war verschwunden.
Im Anschluss an das Gespräch habe ich mir noch die KZ-Außenstelle Walldorf angeschaut, wir bekamen erklärt, dass hier junge Frauen bei jedem Wetter für den Flughafen in Frankfurt arbeiten sollten, in ihren Sommerkleidern aus Auschwitz. Dies schockierte mich ebenfalls, denn jeder der Teilnehmer fror selbst in dicken Winterjacken, unvorstellbar, wie die Kälte für die Frauen gewesen sein muss.
Nach dem Tag war ich erst mal betrübt und erschüttert. Obwohl man weiß, was in Auschwitz für Taten passierten, löst es eine ganz andere Reaktion in einem aus, wenn jemand aus der Ich-Perspektive seine persönlichen Erfahrungen teilt, dementsprechend dankbar bin ich für die Erfahrung, denn so wird man die Taten wirklich nie vergessen.“