Die vielen Schulnamen – 175 Jahre Schulgeschichte

 

Die Dreieichschule ist nur der bisher letzte Name einer Schule, die seit 175 Jahren existiert. Es wechseln sich seit 1850 unterschiedliche Schulformen an verschiedenen Schulorten ab, die nachfolgende Auflistung (als Links) möge Aufklärung und Information über das variantenreiche Geschehen geben.

1850 – 1892          Privatschule/Bürgerschule

1892 – 1914          Höhere Bürgerschule

1914 – 1918          Großherzogliche Realschule Langen

1918 – 1937          Realschule Langen

1937 – 1945          Oberschule für Jungen Langen (Hessen)

1946 – 1956          Realgymnasium (für Jungen) Langen/Hess.

seit 1956                Dreieichschule

 

Zur Erläuterung: Die Klassenbezeichnungen in der weiterführenden Schule

Heute übliche Klassenbe-zeichnung

 

Stufen aktuell

 

Klassen bis 1937

Nationalsozi-alismus (1937-45)

5

Unterstufe

Sexta (VI)

1

6

Quinta (V)

2

7

 

Mittelstufe

Quarta (IV)

3

8

Untertertia (UIII)

4

9

Obertertia (OIII)

5

10

Untersekunda (UII)

6

11

 

Oberstufe

Einführungsphase

Obersekunda (OII)

7

12

Qualifikations-phase

Unterprima (UI)

8

13

Oberprima (OI)

9

Die Klassen 5-10 werden heute als Sekundarstufe I, die Klassen von 11-13 als Sekundarstufe II (Oberstufe) bezeichnet. Schulen, die bis zum Abitur führten und damit einen 9jährigen Bildungsgang hatten, wurden früher als Vollanstalt bezeichnet. Unsere Schule wurde erst 1946 zur Vollanstalt.

 

1850 – 1892

Schulträger:       

Private Schulgesellschaft; die Eltern der Schülerinnen und Schüler mussten Mitglied der Gesellschaft werden. Das Schulgeld wurde je nach Erfordernis bestimmt.

Schulort:

Zuerst wurde der Unterricht in unterschiedlichen „Schullokalen“, d. h. angemietete Räume, abgehalten. 1860 wurde der Bau eines Schulhauses beschlossen, dass 1864/65 in der Dieburger Straße entstand (heute steht dort ein Teil der Geschwister-Scholl-Schule).

Kollegium und Schulleitung:

Es unterrichteten immer nur zwei oder drei Lehrkräfte gleichzeitig und oftmals nur für ein oder zwei Jahre, da die private Schulgesellschaft nur wenige Mittel hatte und dadurch nur geringe Gehälter zahlen konnte. Nur Herr Brenn sticht heraus, der 26 Jahre von 1865 bis 1892 an der Schule tätig war und später auch als Leiter der Schule vorstand.

Schülerzahl: meist zwischen 40 und 60

Schulorganisation:

Die Privatschule diente als Vorbereitungsanstalt für das Gymnasium. Die Schülerinnen und Schüler waren zwischen 6 und 14 Jahre alt. Unterrichtet wurde u. a. in den neuen Fremdsprachen (Französisch, ab den 60er Jahren auch Englisch), in den Naturwissenschaften, Erdkunde, Geschichte und Latein (zuerst verbindliches Hauptfach, später freiwillig). Der Lehrer hatte mehrere Jahrgänge in einer Lerngruppe, d. h. er arbeitete mit einem Teil der Lerngruppe, während die anderen Arbeitsaufträge erhielten. In späteren Jahren gab es 3 Lerngruppen (1. Gruppe mit der ersten bis dritten Klasse, 2. Gruppe mit vierter bis fünfter Klasse und 3. Gruppe mit sechster bis achter Klasse). Unterricht fand von montags bis samstags statt, vier Stunden vormittags und außer mittwochs und samstags zwei Stunden nachmittags. Das Schuljahr begann nach Ostern.

 

1953 berichtete ein ehemaliger Schule in der Langener Zeitung (24.11.53):

Die Schule in der Dieburger Straße in den 1890er (Stadtarchiv Langen):

 

1892 – 1914

Schulträger:       

Am 1.1.1892 wurde die Stadt Langen Träger der Schule. Sie unterstand der Großherzoglichen Kreiskommission und hieß nun „Höhere Bürgerschule“. 1893 wurde sie direkt dem Großherzoglichen Ministerium unterstellt. Das Großherzogtum Hessen umfasste neben kleineren Gebieten zwei getrennte Bezirke (Reinhessen/Südhessen sowie Mittelhessen, Frankfurt gehörte ebenso wie Kassel nicht zu diesem Herzogtum).

Schulort:

Bis 1899 wurde das Schulgebäude in der Dieburger Straße verwendet, danach erfolgte der Umzug in die Bahnstraße (das Schulgebäude ist heute ein Teil der Ludwig-Erk-Schule).

Kollegium und Schulleitung:

1892 bestand das Kollegium aus 3 Lehrern, dann jedoch vergrößerte es sich stetig auf 12 Lehrkräfte im Jahre 1913. Zu Beginn übernahm Herr Dr. Schmitt die Leitung der Schule, bevor 1895 Herr Dr. Ludwig Schüz an dessen Stelle trat.  Der Amtstitel des Schulleiters lautete nun Rektor.

Schülerzahl: 1892 – 66 Schüler, 1899 – 108 Schüler, 1913 – 277 Schüler.

Schulorganisation:

Die Höhere Bürgerschule unterschied sich von einer Realschule nur noch durch die Anzahl der Klassen. Aber 1900 wurde von dem Großherzoglichen Ministerium die Untersekunda genehmigt (Klasse 10), sodass nun vollständig nach dem Lehrplan der regulären Realschule unterrichtet werden konnte. Für die Sexta (5. Klasse) gab es eine Aufnahmeprüfung, in der Grundlagen in Mathematik und Deutsch abgefragt wurden. Solche Aufnahmeprüfungen wurden bis zum Realgymnasium (1950er) durchgeführt. Der Aufschwung in diesen Jahren hielt an: 1903 erhielt die Schule die Berechtigung zur Ausstellung des Zeugnisses über die wissenschaftliche Befähigung zum Einjährig-Freiwilligen Militärdienst. Diese Berechtigung war begehrt, da Männer damit nicht zwei oder drei Jahre, sondern nur ein Jahr Militärdienst ableisten mussten. 1906 wurde der fünfstündige Vormittagsunterricht genehmigt (statt 4 Stunden). Für das Schulgeld mussten 1904 Vorschüler (Klasse 1 bis 4) 60 Mark pro Jahr zahlen, für die Sexta (5. Klasse) fielen 72 Mark und für die Untersekunda (10. Klasse) 96 Mark an, zusätzlicher Lateinunterricht kostete 30 Mark im Jahr extra.

Das Schulgebäude in der Bahnstraße (nach einer Zeichnung in der Festschrift zur 100-Jahr-Feier im Jahre 1950):

und heute (2025):

 

1914 – 1918

Schulträger:       

Am 1.4.1914 wurde die Schule den Realschulen gleichgestellt. Der Staat (hier das Großherzogtum Hessen) übernahm die Schule. Sie wurde eine staatliche Realschule, als Bezeichnung z. B. auf Zeugnissen wurde aber der Name „Großherzogliche Realschule zu Langen“ verwendet.

Schulort: Die Schule blieb in der Bahnstraße verortet.

Kollegium und Schulleitung:

1914 waren 12 Lehrkräfte beschäftigt. Gleich im ersten Kriegsjahr wurden 8 Lehrkräfte zum Heeresdienst eingezogen. Selbst der Schulleiter, er erhielt die Amtsbezeichnung Direktor, Dr. Ludwig Schüz wurde mit 49 Jahren für die ersten beiden Kriegsjahre einberufen, Herr Kolb übernahm in dieser Zeit die Leitung.

Schülerzahl: 1914 – 269 Schüler

Schulorganisation:

Bereits 1913 erwies sich das Schulhaus als zu klein und man musste in der benachbarten Gewerbeschule Räume belegen, erste Pläne für Erweiterungsbauten wurden entworfen, die durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges aber nicht realisiert wurden. Die Übernahme durch den Staat führte zu einer Erhöhung des Schulgeldes (z. B. für Vorschüler 120 Mark). Durch die Einberufungen von zwei Drittel des Kollegiums, mussten Parallelklassen zusammengelegt und die Stundenzahl einzelner Fächer gekürzt werden. Der Singunterricht fiel aus. Im Lehrerkollegium fand ein häufiger Wechsel statt. Die Schülerschaft beteiligten sich an Sammlungen, zeichnete Kriegsanleihen und half in der Landwirtschaft. Oberlehrer Dr. Lantelme und Lehramtsassessor Spitznagel fielen im 1. Weltkrieg ebenso wie 42 Schüler.

Dienstsiegel:

 

1918 – 1938

Schulträger:

Mit dem Ende des 1. Weltkrieges besetzten im November 1918 französische Soldaten Langen. Damit wurde die Gemeinde aus dem Landkreis Offenbach herausgelöst und in den Landkreis Groß-Gerau eingegliedert (bis 1930). Nach Ausrufen der Republik ging das Großherzogtum Hessen in den Volksstaat Hessen über. 1922 wurde in einer Einwohnerversammlung klargestellt, dass die Realschule trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten weiterhin Bestand haben sollte. Durch die Machtergreifung Hitlers wurden alle Schulen direkt dem Deutschen Reich unterstellt.

Schulort: Die Schule bleibt in der Bahnstraße (heute ein Teil der Ludwig-Erk-Schule) verortet.

Kollegium und Schulleitung:

1918 unterrichteten 15 Lehrkräfte in der Realschule, jedoch nahm durch sinkende Schülerzahlen die Zahl auf 9 Lehrkräfte (1930) ab. Durch die Nationalsozialisten wurden in einer Gleichschaltung 1933/34 zwei Drittel des Kollegiums ausgetauscht, 1938 waren wieder 12 Lehrkräfte beschäftigt. Der langjährige Direktor Dr. Ludwig Schüz wurde 1930 pensioniert, 1931 folgte ihm Dr. Georg Scheuring, der jedoch bereits 1933 aus politischen Gründen durch dem Nationalsozialismus verbundenen Philipp Schüler ersetzt wurde.

Schülerzahl: 1918: 346 Schüler, durch wirtschaftliche Notlagen (1923 Inflation und 1929 Weltwirtschaftskrise) war das Schulgeld nur noch für wenige erschwinglich, die Schülerzahlen sanken rapide bis 1929 auf den Tiefststand von 127 Schüler, 1932 betrug sie wieder 165 Schüler und blieb annähernd auf diesem Niveau. Seit vielen Jahren gehörten jüdische Schülerinnen und Schüler zur Schülerschaft, 1935 verließ der letzte jüdische Schüler aufgrund des immer stärker werdenden Judenhasses die Schule.

Schulorganisation:

Die spanische Grippe, die eine höhere Sterblichkeitsrate als Corona aufwies, wütete im Herbst 1918 in Langen, die Schule wurde vom 21.10. bis 11.11.1918 geschlossen, ein Lehrer starb. Kohleknappheit führte zu nur wenig beheizten Klassenräumen. Da die Franzosen die benachbarte Gewerbeschule beschlagnahmt hatten, standen die dort mitbenutzten Räume der Realschule nicht mehr zur Verfügung. Bis 1920 konnte die Turnhalle der Realschule nicht benutzt werden, da zuerst Franzosen einquartiert waren und dann eine Kleinkinderschule eingerichtet wurde. Im Sommer und Herbst 1923 wurde die Turnhalle zur Kontrolle der Arbeitslosen und zur Auszahlung der Unterstützungsgelder genutzt.  Im Winterhalbjahr 1922/23 wurde auf reinen Vormittagsunterricht umgestellt, um Heizmaterial einzusparen. Zudem konnten auswärtige Schüler Kostgeld einsparen. 1926 wurde der Handfertigkeitsunterricht eingeführt, in dem Schüler Laubsäge- und Klebearbeiten durchführten. Auch gab es wieder sportliche Wettkämpfe. Die nationalsozialistische Diktatur führte in den Jahren nach 1933 zuerst nur zu geringen inhaltlichen Änderungen. Hitler-Gruß, Fahnenappelle, Gedenkveranstaltungen, Bilderweihen und Sammlungen für NS-Verbände wurden jedoch schnell in den Unterricht integriert. Die sportliche Betätigung erhielt durch die Nazi-Ideologie einen viel höheren Stellenwert, so gab es im Herbst 1935 eine weitere Turnstunde und es wurden viele sportliche Wettkämpfe mit anderen Schulen ausgetragen. Auch die Gemeinschaft in den Klassen sollte gestärkt werden, so verbrachten alle Klassen 1935 von Mai bis Juli eine Woche in der Jugendherberge Schloßborn im Taunus. 1928 bis 1939 wurde kostengünstig Milch zum Frühstück ausgegeben. 1937 stellte die Stadtverwaltung einen Antrag auf Ausbau der Realschule zur Oberrealschule (Vollanstalt mit Abitur), der 1938 abgelehnt wurde.

Dienstsiegel:

bis ca. 1934

von ca. 1934 bis 1938

 

1938 – 1945

Erläuterung zum Schulnamen: Durch Erlass wurden alle weiterführenden Schulen zu Oberschulen umbenannt (Ausnahme: Gymnasien). Die Klassenstufen wurden neu nummeriert: Kl. 1 entsprach der früheren Sexta (heutige Klasse 5) und die Klasse 6 der früheren Untersekunda (heutige Klasse 10). Nach der nationalsozialistischen Ideologie sollten Jungen mit dem Ziel der Wehrtüchtigkeit und Mädchen mit dem Ziel der Kindererziehung nur noch getrennt unterrichtet werden. In Ausnahmefällen war es wie im Falle der ehemaligen Realschule in Langen noch erlaubt, dass Mädchen die „Oberschule für Jungen“ besuchten. Jungen durften nicht auf „Oberschulen für Mädchen“ gehen. 1938 wurde eine Schulreform durchgeführt, in der der 9jährige Bildungsgang höherer Schulen um ein Jahr gekürzt wurde, indem die Untersekunda wegfiel. 1941 wurde die Schule in eine 6stufige Oberschule umgewandelt.

Schulträger: Deutsches Reich

Schulort: Weiterhin in der Bahnstraße (heute ein Teil der Ludwig-Erk-Schule). Im Februar 1945 wurde das Schulgebäude von der Wehrmacht beschlagnahmt, als Unterrichtsräume dienten verschiedene Räumlichkeiten wie die Sitzungssäle der Bezirkssparkasse Langen oder des Gasthauses „Weingold“. Am 15.3.1945 wurde die Schule kriegsbedingt geschlossen.

Kollegium und Schulleitung:

1938 waren 12 Lehrkräfte an der Schule beschäftigt. Im zweiten Weltkrieg waren einige Lehrkräfte zum Kriegseinsatz eingezogen worden, was zum Kriegsende hin zu einer ständigen Fluktuation im Kollegium führte. Im Krieg verloren der Lehrer Günter Kirchner und der Schulleiter Philipp Schüler ihr Leben.

Schülerzahl:

1939 gingen 188 Schülerinnen und Schüler in die Schule. Durch Flüchtlinge und Ausgebombte (Kinder aus Familien, die durch Fliegerangriffe ihre Wohnungen verloren) stieg die Schülerzahl ab 1943 rapide auf über 400 Lernende an. Mindestes 59 ehemalige Schüler sind im Krieg gefallen.

Schulorganisation:

Der Sport rückte ideologiebedingt weiter in den Fokus und wurde fünfstündig unterrichtet. Ostern 1938 wurden durch den Wegfall eines Schuljahres die Untersekunda und die Obertertia gleichzeitig entlassen. Durch die Schulreform wurde nun mit Englisch als 1. Fremdsprache (statt Französisch) begonnen, im dritten Lernjahr folgte als zweite Fremdsprache verbindlich Latein. Der Werkunterricht, insbesondere der Flugmodellbau, wurde intensiviert. Im Zeugnis wurden zunehmend sportliche und charakterliche Eigenschaften bescheinigt. Ostern 1940 wurde das Schuljahr um ein halbes Jahr verlängert, sodass 1941 das Schuljahr wie in den darauffolgenden Jahren im Sommer endete. Der Krieg brachte eine Vielzahl von Einschnitten mit sich: Die Sammlungen von Bucheckern (Öl), Kräutern, Altmaterial, Knochen (Gelatine) usw. wurden intensiviert. Seit 1940 übernahm der Lehrer Georg Thierolf eine Seidenraupenzucht (Fallschirmseide). Der Keller des Schulgebäudes wurde als Luftschutzkeller ausgebaut. Durch den Mangel an Lehrkräften wurden Klassen zusammengelegt. Ab 1943 mussten Schüler der 5. und 6. Klassen (also 15jährige und älter) als „Luftwaffenhelfer“ zur Flugabwehr der ständig zunehmenden Fliegerangriffe herangezogen werden, ein Schüler kam dabei ums Leben. Die Flugabwehrstellung befand sich in Neu-Isenburg. 1944 kam es durch Zugverspätungen bei auswärtigen Lehrkräften (Hälfte des Kollegiums) zu unregelmäßigen Unterrichtszeiten. Im Wald mussten Schülerinnen und Schüler vom Feind abgeworfene Flugblätter und gefälschte Lebensmittelkarten suchen. War nach 22 Uhr Fliegeralarm, fiel die erste Unterrichtsstunde am nächsten Tag aus. Die Hitlerjugend griff ebenfalls bestimmend in den Schulbetrieb ein. Wegen Platzmangel musste im Schichtbetrieb an Vor- und Nachmittagen Unterricht erteilt werden.

Dienstsiegel:

 

1946 - 1956

Erläuterung zum Schulnamen:

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Schule am 18.2.1946 wieder eröffnet. Der Schulname „Realgymnasium für Jungen“ deutet auf zweierlei hin: Der Lehrplan orientiert sich an realgymnasialem Anspruch, Englisch ist 1. Fremdsprache und Latein 2. Fremdsprache. Außerdem steckt im Namen „für Jungen“ noch die wenig reflektierte Übernahme des Schulnamens aus der Zeit der Hitler-Diktatur (Oberschule für Jungen), obwohl auch nach dem Krieg natürlich auch Mädchen die Anstalt besuchten. Erst 1953 fiel der Zusatz „für Jungen“ weg.

Schulträger: Stadt Langen, die Schulaufsicht übernahm das Land Hessen.

Schulort: weiterhin die Bahnstraße (heute ein Teil der Ludwig-Erk-Schule). Da Langen nicht durch Fliegerangriffe zerbombt war, konnte das ehemalige Schulgebäude wieder bezogen werden.

Kollegium und Schulleitung:

Die Amerikaner entließen 1945 alle Lehrkräfte. In einem aufreibenden und zeitaufwändigen Verfahren (Entnazifizierung) mussten die Lehrkräfte auf ihre politische Einstellung und Tätigkeit im vormaligen Nazi-Deutschland überprüft werden. Dies konnte mehrere Jahre dauern, insbesondere wenn Lehrer noch in Kriegsgefangenschaft waren. Nach der Überprüfung wurden die Lehrkräfte entweder in den Ruhestand versetzt, entlassen oder wieder eingestellt. Dieser akute Lehrermangel wurde zu Beginn durch Diplomingenieure (unterrichteten Mathematik), Dolmetscher (Englisch), Lebensmittelchemiker (Chemie) und Masseure (Sport) teilweise kompensiert, auch mussten Lehrkräfte fachfremd unterrichten. Aber schon 1950 war mit 27 Lehrkräften nur noch pädagogisch geschultes Personal an der Schule beschäftigt. 1956 waren bereits 33 Lehrkräfte vorhanden. Dr. Johannes Tüncher wurde 1946 kommissarisch mit der Leitung der Schule beauftragt, jedoch schon bald zum 1.1.1949 durch Dr. Karl Flöring abgelöst.

Schülerzahl:

Im Februar 1946 gab es zu Schulanfang 180 Schülerinnen und Schüler, ihre Zahl wuchs jedoch am Ende des Jahres auf 373 an. Diese Zunahme innerhalb eines Jahres mag ein Indiz dafür sein, wie chaotisch die Nachkriegsverhältnisse waren und dass durch Vertriebene und Kriegsgefangene eine ordentliche Einschulung nicht möglich war. Ostern 1950 waren 634 und 1956 711 Lernende an der Schule.

Schulorganisation:

Endlich gelang die Entwicklung zur Vollanstalt, sodass im September 1949 die erste Reifeprüfung am Realgymnasium stattfand. Zuvor musste aber erst einmal ein ordentlicher Schulbetrieb hergestellt werden. Es fehlte an allem! Große Teile des Inventars waren zerstört oder geplündert worden, die Schulbücher konnten wegen der nationalsozialistischen Inhalte nicht benutzt werden, es fehlte an Heften, Bänken und Sitzgelegenheiten. Durch Bücherspenden konnten (nicht ganz adäquat) erste Lernmittel eingeworben werden. Die Schule blühte wieder auf, da sportliche Wettkämpfe und Theateraufführungen ebenso wie Wanderfahrten nicht mehr durch die NS-Ideologie bestimmt waren. Die alte Klassenzählweise von Sexta bis zur Oberprima (heute von Klasse 6 bis 13) wurde wieder eingeführt. Das Schuljahr, dass nach NS-Manier 1947 noch im Sommer begann, wurde um ein halbes Jahr verlängert und endete im vormaligen Rhythmus wie vor 1940 wieder an Ostern 1949. Für die vielen Schülerinnen und Schüler war die Raumnot erdrückend, wie bereits in den letzten zwei Kriegsjahren wurde im Schichtunterricht von 7.30 Uhr bis 18.00 Uhr unterrichtet, jeweils abwechselnd eine Woche vormittags und eine Woche nachmittags. Der Schichtbetrieb konnte später etwas reduziert werden, hielt aber bis zum Bezug in das neue Schulgebäude 1958 an. Da die rationierten Nahrungsmittel kaum zum Leben ausreichten, erhielten die Schüler eine „Schulspeisung“, die aus amerikanischen Heeresbeständen oder von caritativen Organisation in den U.S.A. bereitgestellt wurden. Die Schulspeisung wurde noch weit bis in die 1950er Jahre durchgeführt. Ab 1949 wurde für alle öffentlichen Schulen, also auch für unsere Schule, kein Schulgeld mehr erhoben. Nach wie vor gab es aber Aufnahmeprüfungen für die Sextaner (Klasse 5), die aber ab dem Schuljahr 1950/51 nicht mehr als bloße schriftliche Prüfung abliefen. Die Prüflinge mussten für zwei Wochen im März für jeweils 3 Stunden am Tag das Realgymnasium besuchen und sich einer individuellen Prüfung unterziehen. Ab dem Schuljahr 1951/52 fertigte die abgebende Volksschule (Grundschulen gab es damals noch nicht) Schülergutachten an und es gab ein Ausleseverfahren (Dauer eine Woche mit 3 Schulstunden pro Tag) mit schriftlichen Arbeiten (Diktate, Aufsätze und Rechenarbeiten), aufgenommene Schüler wurden dann auf Probe für ein Jahr aufgenommen, bei Nichtversetzung in die 6. Klasse mussten sie das Realgymnasium wieder verlassen.

Dienstsiegel:

Erstes Dienstsiegel 1946

Dienstsiegel ab ca. 1948

 

ab 1967

ab 1970

seit 1956

Zur Namensgebung: 1955, als bereits ein Neubau der Schule beschlossen war, um die Raumnot der Schule zu lindern, gab der Schulleiter Dr. Karl Flöring in einer Sitzung bekannt, dass der Neubau den Namen „Dreieichgymnasium“ erhalten solle. Der neue Schulname ergab sich wohl auch deswegen, weil die Schülerschaft nicht nur aus Langen und Egelsbach, sondern auch aus den umliegenden Gemeinden wie Sprendlingen, Götzenhain und Buchschlag rekrutiert wurde und damit annähernd dem historischen Gebiet „Dreieich“ entsprach. Am 1.6.1956 wurde dann das alte Realgymnasium in Dreieich-Schule umbenannt. Der oftmals in Zeitungen und Berichten zu findende Name „Dreieichgymnasium“ war nie offizieller Schulname! 1967 wurde durch die Übernahme der Schule durch den Kreis im Schulnamen der Zusatz „Gymnasium des Kreises Offenbach“ hinzugefügt. Der Bindestrich viel 1970 weg.

Grundsteinlegung 1956

Grundstein (2025) im Keller im Gebäudeteil 2

Schulträger: Zuerst die Stadt Langen, ab 1967 ging die Schulträgerschaft an den Landkreis Offenbach über. Die Schulaufsicht liegt beim Land Hessen.

Schulort: zuerst noch in der Bahnstraße (heute ein Teil der Ludwig-Erk-Schule), ab dem 16.4.1958 konnte der Neubau in der Goethestraße bezogen werden. Leider nahm die Raumnot nicht ab und es folgten viele An- und Umbauten (vergleiche auch Post „Metamorphose der Dreieichschule“), auch heute platzt die Dreieichschule aus allen Nähten. Ein Erweiterungsbau steht beim Schulträger sehr weit oben auf der Liste.

Kollegium und Schulleitung:

Durch den großen Zuwachs der Schülerzahlen nahm auch die Größe des Kollegiums stetig zu. Dies sollen einige Zahlen belegen: 1956 waren 35 Lehrkräfte hauptamtlich beschäftigt, 1965 waren es schon 43 Lehrkräfte, 1980 wuchs die Zahl auf 73 Lehrkräfte, 2000 gab es 75 Lehrkräfte und 2025 unterrichten mehr als 100 hauptamtliche Lehrkräfte in der Dreieichschule. In der Schulleitung wurde am 31.3.1960 Dr. Karl Flöring verabschiedet, der ein gutes Jahrzehnt der Schule vorstand. Kommissarisch übernahm Erich Mühl die Amtsgeschäfte bis er durch Friedrich Schlüsselburg am 1.2.1961 abgelöst wurde. Schlüsselburg war 10 Jahre Schulleiter der Dreieichschule und wurde zu den Sommerferien 1971 verabschiedet. Dieses Mal übernahm Dr. Günter Hoch kommissarisch die Leitung. Am 6.12.1971 wurde Helmut Koch in das Amt eingeführt. Er lenkte 17 Jahre die Schule in turbulenten Zeiten und verstarb leider überraschend am 30.3.1988 im Alter von 59 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls. Wiederum sprang Dr. Günter Hoch als kommissarischer Leiter ein, ehe Detlef Voigt die Schulleitung am 30.09.1988 übernahm. Unter seiner Ägide fanden richtungsweisende bauliche Erweiterungen und die äußerliche Neugestaltung der Dreieichschule statt. Er verließ zum 31.1.2005 die Schule und Bernhard Zotz übernahm nahtlos die Leitung. Am 30.1.2013 verließ er auf eigenen Wunsch die Schule und Heidi Höreth-Müller übernahm zunächst als stellvertretende Schulleiterin kommissarisch die Leitung, bevor sie Ende 2013 zur Schulleiterin ernannt wurde. Im Juni 2018 ging sie in den Ruhestand und Nicole Ott als Stellvertreterin übernahm die Amtsgeschäfte. Sie steht bis heute (2025) der Dreieichschule als Schulleiterin vor.

Schülerzahl: Langen ist aufgrund seiner günstigen Lage zwischen Frankfurt und Darmstadt und der in Langen ansässigen Bundesbehörden zu einem beliebten Zuzugsort geworden. 1956 lebten in Langen ca. 17.000 Menschen, heute sind es über 40.000. Auch Egelsbach erlebte einen rasanten Aufschwung: Während 1956 ca. 5500 Menschen hier wohnten, sind es heute 11500 Einwohner. Dies führte zu einer rasch anwachsenden Schülerzahl, zumal die Schulform „Gymnasium“ zudem noch einen höheren Stellenwert im Vergleich zu den anderen weiterführenden Schulen gewann und die Dreieichschule das einzige Gymnasium mit Oberstufe in den beiden Gemeinden ist. So gab es 1956 rund 700 Lernende an der Dreieichschule, heute sind es rund 1500. Damit sind so viele Schülerinnen und Schüler an unserer Schule wie noch nie zuvor.

Schulorganisation:

Nach dem Wechsel von der alten Schule in der Bahnstraße in den Neubau in der Goethestraße war die schlimmste Raumnot vorerst gelindert. Über die ganzen Veränderungen und Ereignisse rund um das Abitur soll in einem eigenen Abschnitt berichtet werden. 1957 wurde die Oberstufe in einen mathematisch-naturwissenschaftlichen und in einen neusprachlichen Zweig geteilt. 1964 wurden die Klassen nach dem heute bekannten Prinzip von 1 bis 13 durchgezählt. Im Jahre 1966/67 gab es zwei Kurzschuljahre, sodass das Schuljahr nicht mehr nach Ostern, sondern im Sommer anfing. 1969 verlor die Dreieichschule durch die Einführung der Förderstufe die Jahrgangsstufen 5 und 6. Am Ende der 1960er Jahre machten sich auch in unserer Schule die Studentenunruhen, außerparlamentarische Opposition und linksgerichtete Kräfte bemerkbar. Unterrichtsverweigerungen, Demos, Wandparolen und -zeitungen führten in den 1970er Jahren ebenso zu massiven Unterrichtsstörungen wie häufige Bombenalarme. Es führte zu einer Polarisierung zwischen rechten und linken Kräften. Mit den Schülern sympathisierende Lehrkräften standen gegen konservative Kollegen. Eine Abneigung gegen die Aufrechterhaltung alter Strukturen, die dem System Schule innewohnte, führte zu einer Zäsur: Schulfeste und Abiturfeiern fielen Jahre lang aus, Noten sollten diskutiert werden. 1975/76 wurde die Oberstufe reformiert und ein Wahlkurssystem und eine neue Notenskala (0 bis 15 Punkte statt der Noten 1 bis 6) wurden nach Vorgabe der Kultusministerkonferenz etabliert. Durch Verabschiedung des Schulfreiheitsgesetzes wurden wieder 1987/88 zum Schuljahresbeginn vier Klassen 5 an unserer Schule eingerichtet. Auch fand 1988 zum ersten Mal ein Abi-Ball statt. Ab Sommer 1992 gab es auch keinen Samstag-Unterricht mehr, die Stunden wurden auf die Nachmittage der verbliebenen Werktage verteilt. 1994 wurde ein neues Gremium per Gesetz ins Leben gerufen: die „Schulkonferenz“. Die wieder beengt gewordenen Raumverhältnisse wurden entschärft, da im Sommer 1997 die ehemalige Haupt- und Realschule „Adolf-Reichwein-Schule“ zu einer kooperativen Gesamtschule mit Gymnasialzweig umgewandelt wurde. Im gleichen Jahr gab es eine deutschlandweite Rechtschreibreform („Gruß und Kuss“ als kleine GedächtnisstützeJ). Aber auch nach der Jahrtausendwende gab es einschneidende Vorkommnisse. So mussten die Schulen 2002 ein „Schulprogramm“ erstellen, 2004 wurden die Schulen durch ein neues Schulgesetz rauchfrei. Von 2006 bis 2013 gab es an der Dreieichschule einen verkürzten Bildungsgang G8 (acht- statt bisher neunjähriger Schulbesuch), der jedoch aufzeigte, dass man dadurch nicht ein Jahr längere Renteneinzahler gewann oder einfach die Inhalte eines Schuljahres auf die restlichen Schuljahre in der Unter- und Mittelstufe verteilen kann. In dieser Zeit gab es auch zwei Schulinspektionen. Ein letzter großer Einschnitt kam durch die Corona-Pandemie, die von 2020 bis 2023 die ganze Welt, aber auch unsere Schule, in Beschlag nahm. Hygieneregeln, Digitalisierung und Unterrichtsformen im Distanzunterricht sollen hier stellvertretend genannt sein. Sowohl Lehrkräfte als auch Lernende haben diese Pandemie größtenteils gut überstanden, allerdings gibt es noch einige unserer Schulgemeinde, die bis heute an Long-Covid leiden.

Dienstsiegel:

 

Dr. Paul Schlöder